Netzeffekte auf Softwaremärkten: The Winner takes it all
Netzeffekte spielen in der digitalen Ökonomie eine wesentliche Rolle. Was versteht man darunter? Eine klassische Definition aus dem Jahr 1985 stammt von Michael Katz und Carl Shapiro. Sie definieren das Konzept der Netzeffekte folgendermaßen: “The utility that a given user derives from the good depends upon the number of other users who are in the same network as he or she“. Netzeffekte liegen also vor, wenn sich der Nutzen eines Gutes für einen Konsumenten dadurch erhöht, dass andere Konsumenten das Gut ebenfalls nutzen. Je größer das Netzwerk dabei ist, umso besser ist dies in der Regel für die Nutzer.
Beispiele hierfür gibt es in der digitalen Ökonomie viele. Denken Sie einfach an die Frage nach der Verbreitung und der Bedeutung von Plattformen (siehe hierzu auch: Netzökonom). Je mehr Leute Soziale Netzwerke wie beispielsweise Facebook oder Snapchat nutzen, um so größer ist tendenziell der Wert der Plattform. Das gleiche gilt etwa für Android oder iOS, wo die Netzeffekte sogar zweiseitig auftreten. Das bedeutet: Je mehr Nutzer auf einer solchen Plattform sind, umso besser ist es für die App-Entwickler und je mehr Apps um so besser ist es in der Regel für die Nutzer.
Na gut, und was bedeutet das nun? Eine zentrale Erkenntnis besteht darin, dass Netzeffekte zu Winner-takes-it-all-Märkten führen, d.h. dass sich häufig nur eine Softwarelösung, eine Plattform, ein Standard durchsetzen – oder dass nur wenige Angebote übrig bleiben. Zudem können wir auf solchen Märkten Lock-in-Effekte beobachten. Carl Shapiro und Hal Varian fassen es wie folgt zusammen: „Positive Feedback makes the strong get stronger and the weak get weaker” (Shapiro und Varian 1998, S. 175).
Das heißt in diesem Fall, dass es neue innovative Angebote schwer haben können, weil ein etablierter Anbieter seinen Kunden bereits Netzeffekte anbieten kann und damit einen häufig entscheidenden Wettbewerbsvorteil vor seinem Konkurrenten hat. Häufig führt dies auch dazu, dass sich eine technisch nicht überlegene Technologie am Markt durchsetzt.
Netzeffekte spielen also auch eine große Rolle wenn es darum geht zu bewerten, ob bestimmte Technologien, Plattformen oder Softwarelösungen am Markt eine Chance haben bzw. sich durchsetzen werden. So werde ich häufig gefragt, ob Facebook langfristig überleben wird, weil ja seit geraumer Zeit viele jugendliche Nutzer abwandern und auch das permanente „Posten“ und „Liken“ auch nicht mehr so cool wie früher rüberkommt. Die Theorie der Netzeffekte gibt uns eine methodische Grundlage, um mit solchen Fragestellungen umzugehen. So scheint die installierte Basis, also die hohe Anzahl der Facebook-Nutzer weltweit, tendenziell dafür zu sprechen, dass der Abgesang, den viele auf Facebook angestimmt haben, deutlich verfrüht war.
Wer Lust hat, sich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen, hier finden Sie eine Videoaufzeichnung meiner Vorlesung „Software & Internet Economics“ für Studierende auf Masterniveau an der TU Darmstadt zu diesem Thema.
Hier noch einige weiterführende Literaturempfehlungen:
Buxmann, Peter; Diefenbach, Heiner; Hess, Thomas. „Die Softwareindustrie“, 3. Aufl. 2015. (hier geht’s zum Buch auf Amazon)
Katz, Michael L.; Shapiro, Carl. „Network Externalities, Competition, and Compatibility.“ The American Economic Review 75, no. 3 (1985): 424-40. (hier geht’s zum Paper als PDF)
Shapiro, Varl; Varian, Hal R. „Information Rules – A Strategic Guide To The Network Economy.“ Harvard Business School Press, Boston, Massachusetts. 1999. (hier geht’s zum Buch auf Amazon)